Programme
1. Abschlusserklärung der XIII. Nationalversammlung der Landlosenbewegung MST, 24. Januar 2009
2. Abschlusserklärung des V. Nationalkongresses der brasilianischen Bewegung der Landlosen, 15. Juni 2007
3. Weiterleitungen u.a. auf den II. Nationalen Plan für eine Agrarreform der brasilianischen Regierung und der MST (2004)
Dies ist die Abschlusserklärung der XIII. Nationalversammlung der Landlosenbewegung anlässlich ihres 25jährigen Bestehens, vom 20.-24. Januar in Sarandi/RS/Brasilien.
(Wir möchten darauf hinweisen, dass diese Abschlusserklärung nicht in allen Punkten auch die Meinung der „Freunde der MST“ widerspiegelt)
ABSCHLUSSERKLÄRUNG DER XIII. NATIONALVERSAMMLUNG DER LANDLOSENBEWEGUNG MST
1. Wir, das sind mehr als 1500 Landarbeiter ohne Land aus allen brasilianischen Regionen und internationale Delegationen aus Lateinamerika, Europa und Asien, haben uns vom 20. bis 24. Januar 2009 in Sarandi in Rio Grande do Sul versammelt, um 25 Jahren des Kampfes der MST zu gedenken. Wir schauen voller Stolz zurück auf unsere Geschichte und erneuern unsere Verpflichtung zum Kampf für eine Landreform und die notwendigen Veränderungen in unserem Land.
2. Wir feiern das von unserem Volk Erreichte im Laufe der Jahre, in denen Millionen von Familien Land bekamen. Millionen von Hektar wurden dem Großgrundbesitz entrissen; hunderte von Schulen gebaut und, vor allem, erhielten Millionen ausgebeuteter Landarbeitern ihre Würde zurück, bildeten ein neues Bewusstsein aus und gehen heute mit erhobenem Haupt.
3. Wir gedenken unserer Märtyrer, denen die in diesem Kampf fielen, gefällt vom Kapital. Und wir erinnern uns der Anführer des brasilianischen Volkes, die schon von uns gegangen sind, uns aber die Aufgabe zu einem Engagement und Kampf in Übereinstimmung mit der Sache hinterlassen haben.
4. Wir haben gesehen, wie das Kapital, das heute Firmen des industriellen, des handels- und Finanzsektors zu einem Block vereint, dabei ist, unsere Landwirtschaft zu kontrollieren, unser Saatgut, unser Wasser, unsere Energie und unsere Biodiversitaet.
5. Wir verpflichten uns dazu, dem Land seine wahre soziale Funktion zu garantieren, den Boden zu hegen und gesunde Nahrungsmittel zu produzieren, um die menschliche Gesundheit zu schützen und die Männer und Frauen in eine gesunde Umwelt zu integrieren von einer Qualität, die das Leben täglich besser macht.
6. Wir erneuern unsere Bereitschaft, den Kampf fortzusetzen, gemeinsam mit allen Bewegungen und Organisationen der Arbeiter und des Volkes gegen den Großgrundbesitz, das Agrobusiness, die Herrschaft des bürgerlichen Staates und den Imperialismus.
7. Wir verteidigen die Landreform als eine Notwendigkeit für die Menschen des Landes, welche die Arbeit wertschätzt, die Agrarökologie, die bäuerliche Kooperation, die Agroindustrie unter der Kontrolle der Landarbeiter, die Bildung und die Kultur, zwei unverzichtbare Mittel zur Erlangung der Gleichheit und Solidarität unter den Menschen.
8. Wir sind überzeugt, dass nur der Kampf der Arbeiter und des organisierten Volkes die ökonomischen, politischen und sozialen Veränderungen bewirkt, die für die Emanzipierung der Ausgebeuteten und Unterdrückten nötig sind.
9. Wir erneuern die internationale Solidarität und das Recht der Völker auf Souveränität und Selbstbestimmung. Deshalb erklären wir unsere Unterstützung allen, die kämpfen und widerstehen gegen die imperialistischen Interventionen, wie dies heute das afghanische, das kubanische, das haitianische, das irakische und das palästinensische Volk tun.
10. Im Bewusstsein unserer Aufgaben und der enormen Herausforderungen, die vor uns liegen, erneuern wir die Notwendigkeit, Allianzen zu bilden mit den Organisationen und Bewegungen, damit wir – vereint und solidarisch – ein Projekt errichten können, das in der Lage ist, die Abhängigkeit und Unterordnung unter das interne und externe Kapital zu überwinden und eine gleiche und freie Gesellschaft zu bauen, eine sozialistische Gesellschaft.
Sarandi, 24, Januar 2009
(Aus dem brasilianischen Portugiesisch, möglichst wortgetreu übersetzt von Heinz Krull – Freundinnen und Freunde des MST Deutschland)
ABSCHLUSSERKLÄRUNG DES V. NATIONALKONGRESSES DER BRASILIANISCHEN BEWEGUNG DER LANDLOSEN (MST)
Wir, 17.500 landlose Landarbeiterinnen und Landarbeiter aus 24 Staaten Brasiliens, 181 internationale Gäste in Vertretung von 21 Kleinbauern-Verbänden aus 31 Ländern und Freundinnen und Freunde aus verschieden Bewegungen und Organisationen, haben uns vom 11. bis zum 15. Juni 2007 auf dem V. Nationalkongress des MST versammelt, um die Probleme unserer Gesellschaft zu analysieren, zu diskutieren und Alternativen aufzuzeigen.
Wir verpflichten uns weiterhin die Organisation des Volkes zu unterstützen, damit es für seine Rechte eintritt und gegen die Ungleichheit und sozialen Ungerechtigkeiten kämpft. Deshalb gehen wir folgende Verpflichtungen ein:
1. Mit allen gesellschaftlichen Bereichen und ihren verschiedenen Organisationsformen zusammenzuarbeiten, um ein Projekt des Volkes gemeinsam zu entwickeln, welches dem Neoliberalismus, dem Imperialismus und den strukturellen Ursachen der Probleme, die das brasilianische Volk belasten, entgegentritt.
2. Unsere Rechte gegen jegliche Politik zu verteidigen, die darauf abzielt, unsere bereits errungenen Rechte wieder einzuschränken.
3. Gegen die Privatisierung des öffentlichen Eigentums und die Umleitung des Rio São Francisco und für eine Verstaatlichung derjenigen Firmen zu kämpfen, welche bereits privatisiert wurden.
4. Dafür zu kämpfen, dass alle großen Ländereien enteignet werden, vornehmlich jene in Händen des internationalen Kapitals und der Banken.
5. Gegen die weitere Abholzung und Verbrennung der natürlichen Waldbestände zur Ausweitung von Großgrundbesitz zu kämpfen. Von den Regierungen wirksame Maßnahmen zu fordern, um diese umweltschädlichen, kriminellen Praktiken zu unterbinden. Gegen den Gebrauch von Pestiziden und die monokulturelle Landwirtschaft im großen Stil, wie etwa beim Anbau von Soja, Zuckerrohr, Eukalyptus, etc., vorzugehen.
6. Die transnationalen Unternehmen – wie Monsanto, Syngenta, Cargill, Bunge, ADM, Nestlé, BASF, Bayer, Aracruz, Stora Enso und weitere – zu bekämpfen, welche das Saatgut, die Produktion und den brasilianischen Agrarhandel kontrollieren wollen. Zu Verhindern, dass diese weiterhin unsere Natur, unsere Arbeitskraft und unser Land ausbeuten.
7. Die sofortige Abschaffung der Sklavenarbeit und der extremen Ausbeutung der Arbeit und die Bestrafung der Verantwortlichen zu fordern. Jeglicher Großgrundbesitz, der sich einer Form von Sklavenarbeit bedient, soll ohne Entschädigungen enteignet werden, wie es die Gesetzesinitiative vorsieht, welche bereits im Senat befürwortet wurde.
8. Gegen jegliche Form der Gewalt auf dem Land als auch die Kriminalisierung der Sozialen Bewegungen zu kämpfen. Wir fordern die Bestrafung der Mörder – Auftraggeber wie Ausführende – der Aktivisten für eine Agrarreform, welche bis heute straffrei bleiben, und deren Prozesse im Justizapparat festgefahren sind.
9. Uns für eine Begrenzung der Größe von Landbesitz einzusetzen. Die rechtliche Anerkennung aller traditionell indigenen Territorien und der der afro-brasilianischen Nachfahren der Quilombos zu fordern. Der Boden ist ein Gut der Natur und sollte den Interessen des Volkes dienen.
10. Dafür zu kämpfen, die Produktion von Agrotreibstoffen in die Hand der Kleinbauern zu geben, als Bestandteil einer Mischkultur, als Umweltschutzmaßnahme und mit dem Ziel der energetischen Selbstversorgung jeder Region.
11. Für die Verteidigung des nativen Saatgutes und der traditionellen Sorten einzutreten. Genmanipuliertes Saatgut zu bekämpfen. Die ökologische Landwirtschaft und weitere Methoden im Einklang mit der Umwelt zu verbreiten. Die Siedlungen und ländlichen Gemeinden sollen vornehmlich Nahrungsmittel ohne Pestizide und für den nationalen Markt produzieren.
12. Alle Süßwasserquellen, -brunnen und -speicher zu schützen. Das Wasser ist ein Gut der Natur und gehört der Menschheit. Es darf nicht im Privatbesitz irgendeiner Firma sein.
13. Die Wälder zu schützen und den Anbau von heimischen und früchtetragenden Bäumen in allen Lagern, Siedlungen und ländlichen Gemeinden zu fördern, um so einen Beitrag zum Umweltschutz zu liefern und um gegen die globale Erwärmung vorzugehen.
14. Dafür zu kämpfen, dass die Arbeiterklasse Zugang zu Grundbildung, weiterführenden Schulen und öffentlichen Universitäten erhält; kostenfrei und in hoher Qualität.
15. Verschiedene Kampagnen und Programme zu entwickeln, um den Analphabetismus auf dem Land und in den Städten zu beseitigen, durch eine der Veränderung verpflichteten Pädagogik.
16. Dafür zu kämpfen, dass jede Siedlung oder Gemeinde im Landesinneren über ihre eigenen öffentlichen Medien verfügt, wie zum Beispiel unabhängige Gemeinderadios. Uns für eine Demokratisierung aller Kommunikationsmittel der Gesellschaft einzusetzen, um somit zu einem höheren politischen Bewusstsein und einer höheren Wertschätzung der Kultur des Volkes beizutragen.
17. Die Zusammenarbeit der Sozialen Bewegungen auf dem Land innerhalb der Via Campesina Brasiliens – in allen Bundesländern und Regionen – zu intensivieren. Bündnisse mit allen Sozialen Bewegungen zu schließen und Volksversammlungen in den Bezirken, Regionen und Bundesländern zu gründen.
18. Beizutragen, dass alle erdenklichen Mechanismen der Integration Lateinamerikas, mittels der ALBA – Bolivarische Alternative der Völker Amerikas – aufgebaut werden. Die internationale Solidarität mit allen Völkern, die unter den Aggressionen des Imperiums leiden, zu leisten – momentan insbesondere mit den Völkern Cubas, Haitis, Iraks und Palästinas.
Wir rufen das brasilianische Volk auf, sich zusammenzuschließen und für eine gerechte und gleichberechtigte Gesellschaft zu kämpfen, welche nur möglich wird, durch die Mobilisierung des ganzen Volkes. Die großen Veränderungen waren immer das Werk des organisierten Volkes. Und wir, der MST, wir verpflichten uns niemals aufzugeben und immer zu kämpfen.
Agrarreform: Für soziale Gerechtigkeit und Selbstbestimmung des Volkes!
Brasilia, 15. Juni 2007
Aus dem brasilianischen Portugiesisch, möglichst wortgetreu übersetzt von Benjamin Bunk und Thomas Schmidt – Freundinnen und Freunde des MST Deutschland.
– Weitere Informationen zum Programm für eine Agrarreform, Allgemeine Ziele und Politische Richtlinien, finden sich auf der englischen Webseite der „Friends of the MST“: englisch
– Den II. Nationalen Plan für eine Agrarreform der brasilianischen Regierung kann man sich hier ansehen: II.PNRA_2004
– Den Brief mit den Forderungen der Sozialen Bewegungen Brasiliens an den Präsidenten, anlässlich der Wiederwahl kann man unter anderem hier nachlesen.: „Treze Pontos para um projeto popular para o Brasil’. (19.10.2006.)