Seit Mitte Februar hat die Landesregierung in Rio Grande do Sul, unter der Gouverneurin Yeda Crusius, mehrere Schulen der Landlosenbewegung MST mit dem Argument geschlossen, die nationale Sicherheit zu gefährden: Die Polizei hatte in den Schulen Bücher von Paulo Freire und Florestan Fernandes gefunden.
Dies hat im brasilianischen Nationalparlament und International für Aufregung gesorgt.
Eine Stellungnahme des Kapuziner Mönchs Frei Pilato Pereira:
Warum schloss Yeda die Wanderschule?
Wenn man mich fragt, wie viele Auszeichnungen die Staatsgouverneurin für ihren Beitrag für das Schulsystem bekommen hat, könnte ich nicht antworten. Es sieht so aus als hätte Yeda Crusius nie etwas Gutes für die Bildung getan, um eine Auszeichnung zu bekommen. Allerdings, stellt man dieselbe Frage über MST, lautet die Antwort anders.
Die Bewegung der Landlosen, die MST, hat schon viele Auszeichnungen für die gute Arbeit im Bereich Ausbildung bekommen. Ich möchte an mindestens zwei erinnern. Im November 1999 bekam die MST den Itaú-Unicef Preis „Für eine Grundschule auf dem Land“ und 1995 bekam sie den Preis „Für eine Qualitätsschule auf dem Land“. Die MST, die viel für die Ausbildung getan hat, gelangte in einen Streit über die Ausbildung mit der Gouverneurin, die niemals etwas Gutes dafür getan hat. Mit der Unterstützung der Staatsanwaltschaft hat die Gouverneurin Yeda den Kampf gewonnen. Die Verlierer in diesem Kampf sind Kinder, deren Eltern keinen Zugang zum Grundbesitz hatten. Und jetzt verweigert die Staatsmacht diesen Kindern das Recht zur Ausbildung.
Es ist unglaublich, dass so eine Gouverneurin gegen die MST im Bereich Ausbildung gewonnen hat. Wir dürfen nicht die Leistungen MST’s für die Ausbildung mit etwas vergleichen, was diese unsinnige Regierung für die Bildung in Rio Grande do Sul darstellt. Wenn wir durch Siedlungen gehen und fragen würden, wer in einer MST Wanderschule (escola Itinerante) das Lesen und Schreiben gelernt hat, würden wir sicherlich tausende Jungendliche und Erwachsene finden, die stolz behaupten würden, dass sie in einer solchen, aus Plastikplanen gebauten Schule alphabetisiert wurden.
Die Gouverneurin und die Staatsanwaltschaft sollten der MST für so viele alphabetisierte Personen in den Wanderschulen danken. Personen, die nicht nur das Lesen und Schreiben lernten, sondern auch die Möglichkeit entdeckten, ihre Geschichte umzuschreiben und die Gesellschaft neu zu planen. Diese Personen lernten viel mehr als das Alphabet, sie verstehen jetzt besser die Realität und was davon geändert werden muss. Die Schüler der Wanderschule lernten das Bürgerrecht und bekamen nicht nur ein Zeugnis, sondern eroberten den Titel eines bewussten, freien und engagierten Bürger zurück.
Es ist bedauerlich, dass die Staatsmacht durch reine Härte und ideologische Verfolgung ein Ende des Wanderschulsystems erzwang. Noch schlimmer, es ist Teil der Maßnahmen der melancholische Idee, die Bewegung der Landlosen zu zerstören. Diese Idee wird von einer ideologisch radikaler Gruppe Staatsanwälte und der Gouverneurin Yeda Crusius verteidigt. Merkwürdig wie eine durch mangelnden Ethos ausgeprägte und moralisch verwerfliche Regierung sich zutraut, mit so einer unpopulären Maßnahme die Wanderschulen zu schließen. Dann bleibt die Frage, warum eine Regierung, die sich vor lauter Korruptionsaffären nicht mal selbst erträgt, noch antidemokratische Maßnahmen mit erklärtem ideologischen Charakter weiterführt? Wir verstehen, diese Regierung kam nicht um aufzubauen, sondern um die Errungenschaften des Volkes zu zerstören.
Als sie die Wanderschulen schloss, zeigte Yeda, wofür sie da ist. Sie verbot die Ausbildung in den MST Siedlungen, weil die „Mission“ dieser Regierung ist, ein Hindernis für die Sozialen- und Volksbewegungen, und gegen den menschlichen und sozialen Fortschritt zu bilden. Sie wollen die Organisierung des Volkes schwächen und die Institutionen, die die Gültigkeit der Demokratie in unserer Staat gewährleisten, kriminalisieren. Die Schließung der Wanderschulen ist Teil der antidemokratischen Strategie, die MST in Rio Grande do Sul zu kriminalisieren und sogar verbieten. Solche Taten, mehr als 20 Jahren nach dem Ende der Militärdiktatur, weisen darauf hin, dass die Yeda Regierung und dieser Teil der Staatsanwaltschaft, die sie unterstützt, mit Kopf, Seele und Herz noch in den Ideologien der militärische Tyrannei verhaftet sind.
Frei Pilato Pereira ist Kapuziner Mönch.
(Original: http://www.mst.org.br/mst/pagina.php?cd=6316)
(Übersetzung: Marcelo Sperling)