Bundesuniversität Florestan Fernandes von Polizei gewaltsam gestürmt (7.11.2016)

Am frühen Freitagmorgen (4.11.2016), hat die Polizei, ohne richterlichen Beschluss und gewaltsam, mit Schusswaffengebrauch die Escola Nacional Florestan Fernandes, Guarema/São Paulo durchsucht.

Wir informieren über aktuelle Entwicklungen und bereiten eine europäische Solidaritätskampagne der weiteren Unterstützer und Förderer dieser Schule/Universität der Bewegung der Landlosen vor; am 8. November sind weltweite Aktivitäten hierzu geplant.

Nachfolgend einige Pressemitteilungen und erste Bilder:

Bericht auf der Webseite der MST: http://www.mst.org.br/2016/11/04/mais-reforma-agraria-e-fim-da-criminalizacao-do-mst.html

Bericht der Solidaritätskundgebung an der ENFF am Samstag, den 5.11.2016: http://www.mst.org.br/2016/11/05/movimentos-dizem-nao-a-criminalizacao-da-luta-em-grande-ato-de-apoio-ao-mst.html

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„Die Putschisten haben gezeigt, was sie im Schilde führen“ (Stédile Mai 2016)

Im Mai 2016, nach der Amtsenthebung Dilmas und vor Abschluss des Verfahrens, hat João Pedro Stédile in Brasil de Fato, die aktuelle politische Lage kommentiert. Nachfolgend die Übersetzung und ein kurzer Kommentar von Benjamin Bunk. Erschienen zuerst im: Forschungsjournal Soziale Bewegungen (Pulsschlag), H. 3, Jg. 29.

João Pedro Stédile (übers. aus Brasil de Fato, 23 Mai 2016)

Für Brasilien und die Welt sollte sich die wahre Natur dieser unrechtmäßigen Regierung rasch offenbaren. Es reichten ein paar Tage, gar Stunden nur, bis die Putschisten ihre neuen Posten übernahmen und damit ihre Absichten deutlich machten.

Eigentlich hat der Senat Präsidentin Dilma Rousseff nur vorübergehend ihres Amtes enthoben und unseren lieben Herrn Michael Temer als Übergang installiert. Ja, es gibt sogar Juristen, die der Meinung sind, dass der Übergangspräsident – wenn man es ganz genau nimmt mit der Verfassung – Ministerien gar nicht neu besetzen und sich auf Verwaltungsakte beschränken sollte. Doch die Verfassung zu respektieren, ist so ziemlich das Letzte, was die Putschisten und das überaus verständnisvolle Oberste Bundesgericht [zugleich Verfassungsgericht, Anm. d. Ü.] gerade im Sinn haben. Jetzt ist alles erlaubt. Oder wie Lula es ausdrückt: „Es ist, als würde man verreisen und sein Haus in jemandes Obhut geben – und dieser Jemand würde alles umbauen und verkaufen.“ Weiterlesen

Agrobusiness – Landwirtschaft zum Wohle weniger

Ein Kommentar aus Brasilien von Manuel Graf, über Agrobusiness und die Forderungen der ländlichen Sozialen Bewegungen

Keine 500 Meter von meinem Zuhause entfernt schleppt sich etwa alle viertel Stunde ein schwer beladener Güterzug vorbei in Richtung des 50 Kilometer entfernten Porto de Santos, dem größten Hafen Lateinamerikas. Ein Spaziergang an der Bahnlinie entlang gibt Aufschluss über deren Fracht: hauptsächlich Maiskörner und Sojabohnen sind auf dem Boden verstreut. Von Santos aus gehen diese Erzeugnisse dann in alle Welt, wo sie in Futtertrögen oder als Ethanol verarbeitet in Autotanks landen. Heute bestehen 80% der brasilianischen Exporte aus landwirtschaftlichen und industriellen Rohstoffen, was gegenüber 1980 ein Rückschritt darstellt, als der Anteil der Industrieprodukte am Export bei 60% lag. Weiterlesen

Das Gift des Agrobusinesses

Schädlingsbekämpfungsmittel kontaminieren Lebensmittel und die Umwelt

Übersetzung aus „Letraviva¹, 11. April 2011“, anlässlich der „Campanha Permanente contra o Uso dos Agrotóxicos e pela Vida“ (ständige Kampagne gegen Pestizide & Düngemittel und für das Leben)
von Manuel Graf

Die Vereinigung des Finanzkapitals mit dem traditionellen Großgrundbesitz brachte das sogenannte „moderne“ Agrobusiness hervor. Diese Logik der Ausbeutung der Erde – gekennzeichnet durch riesige Anbauflächen, Monokulturen, hauptsächlich exportorientierte Getreideproduktion, Mechanisierung und damit Abbau der Arbeitsplätze und Niedriglöhnen – erfordert zudem einen giftigen Inhaltsstoff. Weiterlesen

Agrarreform als Sozialpolitik

Kommentar von Benjamin Bunk, erschienen In: Zeitschrift der Informationsstelle Lateinamerika (ila), Nr. 339, S. 18-21.

Lula ist 2002 mit dem Versprechen angetreten, die Agrarreform in Brasilien umzusetzen. Ein Präsident, der mit der Movimento dos Sem Terra (MST) verhandelt und deren Mütze öffentlich trägt: Das schürt Erwartungen!

Gleich zu Beginn der Amtszeit wurde ein nationaler „Plan zur Umsetzung der Agrarreform“ verabschiedet mit der konkreten Vorgabe, 540 000 Familien neu anzusiedelnden und einen Großteil der nicht geregelten Besitzrechte von Ribeirinhos (Flussanrainern) und Quilombolas (BewohnerInnen der quilombos, der  ehemaligen Siedlungen entlaufener SklavInnen) zu legalisieren. Doch diese Vereinbarung wurde nur zu einem Drittel erfüllt und nach deren Auslaufen 2007 nicht weiter verlängert. Auch das Vorgehen gegen „sklavereiähnliche Arbeitsbedingungen“ wurde verschärft und intensiviert sowie der Versuch gestartet, über Bundesbehörden Einfluss auf die faktische Straflosigkeit in einigen Bundesländern auszuüben. Auch diese Maßnahmen waren nur bedingt erfolgreich, wie die aktuellen Zahlen der Kommission der Landpastoral (CPT) zu Landkonflikten zeigen. Weiterlesen